Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“

Röm 12,19-21

Liebe Gemeinde,
Für Erwachsene und Kinder ist es gleichermaßen charakteristisch, dass sie versuchen zurückzuschlagen, wenn sie verletzt werden. Es entspricht unserer menschlichen Natur, dass wir alles Böse, was uns widerfährt, versuchen zu vergelten. So wie es das bekannte Sprichwort sagt: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus.“ Man versucht mindestens genau so stark zurückzuschlagen, wie stark man selbst verletzt oder beleidigt wurde. Wenn aber jemand zum Glauben kommt, von dem erwartet der Herr Jesus eine völlig andere Denkweise und Einstellung. Man bekommt dann von Gott eine nagelneue göttliche Natur, die trotz der Bosheit lieben kann. Und Gott erwartet von seinem Kind, dass es ein heiliges und reines Leben in dieser gottlosen Welt führt. Es ist nicht zufällig so, dass Jesus die, die ihm nachfolgten, oft mit Schafen verglichen hat, die im Allgemeinen eine sanfte Natur haben. Damit wollte Jesus ausdrücken, dass so ein Mensch, der seine Gnade und seine Liebe kennengelernt hat, anders lebt als seine Umgebung. Er wird statt Rache lieber Liebe und Vergebung üben. Das Schaf ist nämlich so ein Tier, das seinem Angreifer nichts entgegensetzen kann. Der einzige Beschützer des Schafes ist sein Hirte. Und der Hirte kann sein Schaf sogar vor dem wildesten Tier beschützen. Der gute Hirte kann sein Schäflein in jeder Situation bewahren. Deshalb braucht jede Schafsherde einen Hirten, da das Schaf nicht nur unfähig ist, gegen den Feind zur Gegenwehr zu schreiten, sondern es kann sich noch nicht einmal so weit verteidigen, dass ihm nichts passiert. Das Schaf kann auch nicht weglaufen, wenn es angegriffen wird. Es kann auch nicht zurück beißen, wenn der Wolf kommt. Es ist egal, wie viele Schafe in einer Herde sind, ein Wolf besiegt sein Opfer immer. Menschen, die Jesus nachfolgen, haben also in diesem Sinn eine Schafsnatur. Und diese Schafsnatur muss alle wiedergeborenen Menschen charakterisieren, sie muss auch in Jesu Gemeinde erscheinen. So ein Mensch, wie Gott ihn haben will, kann nicht nur seinem Feind keinen Schaden verursachen, sondern er liebt seine Feinde sogar und betet für sie. Wir leben aber in so einer Welt, wo eine andere Natur vorherrscht, die Natur des Wolfes. Die meisten Menschen kennen Jesus nicht. Und es charakterisiert sie, dass sie gerne andere ärgern und verletzen. Die Menschen sind keine Engel. Und man erduldet die Fehler, die schlechten Angewohnheiten, die Beleidigungen und die feindseligen Eigenschaften von anderen nicht.

Es gibt in den menschlichen Herzen viele Schmerzen, die von anderen Leuten verursacht wurden. Viele Seufzer verlassen tagtäglich die Lippen von vielen Menschen, auf die herabgesehen wird, die nicht verstanden werden, die ungerecht behandelt werden. Und die Meisten Leiden werden nicht von fremden Leuten verursacht sondern von denen, die ihnen am nächsten stehen: Die Schwester verletzt ihren Bruder, das Kind die Mutter, die Schwiegertochter die Schwiegermutter, ein Nachbar den anderen usw. Wenn wir ganz nahe in Familien, Schulen, Ämter oder Firmen hineinblicken könnten, und wenn wir sehen und hören würden, wie viel Bosheit täglich in dieser Welt passiert, würden wir vielleicht erschrecken vor dem, was wir gesehen und gehört haben. Wie viele böse Dinge
können sich in den Menschenherzen anhäufen: Verbitterung, Aufbrausen, Anschreien, Zorn, üble Nachrede, jede Art von Beleidigung! Wie viele Wunden und Verletzungen hinterlassen dort Narben, wo für die Menschen die Natur des Wolfes bezeichnend ist.

Die Versuchung ist auch im Leben eines Christen da. Satan will auch ins Leben der Gläubigen wieder Lieblosigkeit, Unfrieden, Zorn und Hass zurück schmuggeln. Er versucht auch ins Herz eines Gläubigen Unkraut zu säen, indem er in unsere Ohren flüstert: schlag zurück, lass diese Ungerechtigkeit nicht auf sich beruhen, übe für deine Verletzung Rache, zahl alles mit Zinsen zurück. Der Satan steht hinter solchen Gedanken, er will auch bei den Gläubigen erreichen, dass die Schafe versuchen sich zu verteidigen. Aber die Schafe können sich erst dann wieder selber beschützen, wenn sie wieder zu Wölfen werden. Mit Schafszähnen kann man nicht zurück beißen, dazu muss man wieder zum Wolf werden, wenn man zurückschlagen will. Und es ist schrecklich, wenn ein Schaf wieder zum Wolf wird und sich nicht mehr so benimmt, wie ein Schaf des (guten) Hirten. Davor möchte der Apostel uns bewahren, wenn er uns schreibt: „Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben : »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« Es ist in diesem Text auffallend, dass Paulus die Christen hier ganz persönlich anspricht. Er sagt: meine Lieben. Es geht hier um solche Menschen, die Gottes Agape-Liebe schon erfahren haben, die sind hier angesprochen. Ihr, die ihr Gottes große Liebe schon kennen gelernt habt, ihr wisst sehr gut, dass Gott mit Euch auch nicht so abgerechnet hat, dass er eure Missetaten vergolten hat, sondern er hat euch vergeben, er hat euch Gnade gegeben, er hat euch frei gesprochen durch Jesus! Ihr, die ihr in dieser rettenden Liebe Gottes gebadet habt, ihr, die Gott so geliebt hat, dass er keine Rechenschaft für eure Sünden fordert und euch
das ewige Leben gibt, ihr könnt es jetzt auch so halten, dass ihr das Böse nicht zurechnet, und dass ihr nicht zurückschlagt. Schau die Liebe Gottes an, wie er dich geliebt hat, obwohl du es gar nicht verdient hast. Es gab nichts an dir, was in Gottes Augen des Liebens wert gewesen wäre. Gott hat mit Liebe auf deine Sünden geantwortet und nicht mit Rache. Dann räche dich nicht selbst, schlag nicht zurück, schlag auch mit deiner Zunge nicht zurück. Wie Christus dich geliebt hat, so musst du auch die anderen lieben, und auch die, die dir gegenüber vielleicht feindlich gesinnt sind. Die Rache passt nicht zu dir, wenn du Gottes geliebtes Kind bist. Die Rache ist wie eine ansteckende Krankheit. In vielen von uns steckt Zorn; vielleicht beschäftigen uns auch Gedanken der Rache. Man hegt und pflegt seine Verletzungen wie einen kostbaren Schatz und gleichzeitig verspürt man Hass und Rachedurst. Es ist ein Wunder Gottes, wenn jemand davon frei wird. Und dieses Wunder der Befreiung möchte Gott bei uns und in uns tun, damit wir Liebe und Frieden bekommen, anstelle von dunklen Gedanken wie Hass und Zorn. Gottes Wort spricht aber noch über viel mehr, als nur darüber, dass man keine Rache üben und nicht zurückschlagen soll. Es ist noch sehr wenig, wenn man passiv bleibt und die Verletzungen und die Beleidigungen nur erduldet. Im Wort Gottes geht es nicht nur um das, was wir nicht tun dürfen, sondern Gott bietet uns ein komplettes Programm an, was wir tun müssen. Christus ruft uns zum aktiven Handeln auf, er ruft uns aus der Passivität heraus. Darüber
spricht auch unsere Jahreslosung für 2011:

„Laß dich nicht vom Bösen überwinden,sondern überwinde das Böse mit Gutem.“

Es geht hier also um mehr als nur um so eine Verteidigung, dass ich dem Teufel nicht erlaube, dass er den Samen der Bitterkeit im mein Herz sät. Ja es ist auch wichtig, dass ich die Wurzel der Bitterkeit aus meinem Herzen ausreiße. Hebr 12,15 sagt: „und seht darauf, daß nicht jemand Gottes Gnade versäume; daß nicht etwa eine bittere Wurzel aufwachse und Unfrieden anrichte und viele durch sie unrein werden;“ Es geht hier aber um viel mehr, als nur darum, dass ich mein Herz rein halte. Das Wort Gottes sagt uns, dass wir das Böse mit Gutem überwinden sollen. Das Ziel ist nicht nur, dass der Böse uns nicht überwinden kann und uns nicht von Christus trennen kann, sondern, dass wir über das Böse siegen. Gott hat uns zu einem siegreichen Leben berufen. Überwinde das Böse mit Gutem. Und damit kann jeder zuerst bei sich selbst anfangen. Gebrauche die schlimmen Dinge in deinem Leben dafür, dass du mit deinem Problem zu Christus kommst.
Gebrauche das Böse in deinem Leben dazu, dass du im Glauben wächst, dass du dich geistlich weiter entwickelst. Wie kann man aber in der Praxis das Böse überwinden? Ein Beispiel ist das Gebet. Wir werden heute auch Abendmahl feiern und wir werden uns an Christi Erlösung erinnern. Was hat Christus am Kreuz getan, als er geschmäht wurde? Hat er nur schweigend alles erduldet? Nein, er hat viel mehr getan, er hat auch für seine Feinde gebetet. „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“1 Die Bibel sagt: „Segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen.“2 „Segnet, die euch verfolgen; segnet, und
flucht nicht.“3 Wie überwindet man aber das Böse, wenn man für seine Feinde betet? Es ist viel schwerer, auf so jemanden zornig zu sein, für den man schon gebetet hat. Je feindlicher jemand uns gegenüber ist, desto mehr müssten wir für ihn beten. Gott hat uns dazu berufen, dass wir für unsere Feinde beten und sie segnen. Das Gebet nimmt den Stachel des Grolls aus uns heraus. Wenn du für jemanden um Gottes Segen gebeten hast, dann wirst du diesem Menschen nicht
mehr fluchen oder negativ hinter seinem Rücken reden. Man kann durch das Gebet das Böse überwinden. Wenn Gott aber unsere Gedanken während des Gebetes gereinigt hat, dann werden wir frei sein dafür, dass wir das Böse mit Gutem vergelten können. Wir werden in unserem Feind den unglücklichen Menschen bemerken, der wir auch einmal waren, der im Geheimen nach der Liebe Gottes hungert und dürstet. Einst waren wir auch solche auf Gnade angewiesene sündige Menschen, die nach Gottes Liebe und Gnade verlangten. Ohne Gottes Liebe wären wir alle bis heute Wölfe, aber Gott hat uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren und er hat uns neu geschaffen und fähig gemacht, dass wir auch unsere Feinde lieb haben. Der gute Hirte hat sein Leben nicht nur für die Schafe gegeben, er hat sein Leben für die ganze Welt hingegeben. „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, daß Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ Röm 5,8

Und Christus sieht auch im bösesten Menschen der Welt noch die Möglichkeit, dass aus dem Wolf noch ein Schaf werden kann. Gottes Liebe ist die einzige wirksame Waffe, die das eiskalte harte Herz schmelzen kann. Diese Liebe Gottes hat auch uns auf unsere Knie gezwungen und hat unser Herz erobert. Wir haben uns auch darüber gewundert, wie sehr Gott uns geliebt hat und wie er uns vergeben hat. Und Christus erwartet von uns, dass wir mit dieser Liebe auch unseren Mitmenschen begegnen. Eph 2,10 sagt: „Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die
Gott zuvor bereitet hat, daß wir darin wandeln sollen.“ Wir müssen diese guten Werke von Gott erbitten, mit denen wir unseren Feinden dienen können, ihnen Brot geben können. Lasst uns dafür beten, dass Gott uns offene Augen schenkt, damit wir bemerken, wie wir das Böse mit Gutem vergelten können. Diese guten Werke hat Gott uns zuvor bereitet, damit wir im Jahr 2011 darin wandeln sollen.

„Laß dich nicht vom Bösen überwinden,

sondern überwinde das Böse mit Gutem.“

Das sollte für uns ein Program für das Jahr 2011 sein. Und das Kärtchen, das jeder bekommen hat, soll uns immer daran erinnern, dass wir ein Schaf des guten Hirten sind, dass wir unserer Berufung und unserer neuen Natur würdig leben sollen und dass unsere Waffen nicht der Zorn und die Rache sind, sondern die Liebe, die wir von Gott bekommen haben. Amen.

 

Download PDF

 

Zusätze
© 2010 EFG Plauen - Baptisten (Rechte Dritter bleiben unberührt). Alle Rechte vorbehalten. Losungen: © Evangelische Brüder-Unität – Herrnhut