Von den ungleichen Söhnen

(28) „Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg. (29) Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn, und er ging hin. (30) Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr! und ging nicht hin. (31) Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan? Sie antworteten: Der erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr.” Mt 21,28-31

Liebe Gemeinde,

Nein sagte einer der beiden Söhne. Ich gehe nicht in den Weinberg. Ich habe anderes vor. Ich habe keine Lust. Ich will nicht. Welcher Vater heranwachsender Kinder kennt diese Reaktionen nicht? Und welche Mutter ist nicht traurig, wenn ihre Kinder auf eine Bitte so reagieren würden? Die Mutter sagt vielleicht zu ihrem Sohn: Kannst du mir noch Kartoffeln aus dem Keller holen? Und er hat keine Lust, brummt nur etwas vor sich hin, da er keinen Bock hat, bei der Hausarbeit zu helfen. Er guckt lieber Fußball oder spielt trotz der Bitte der Mutter lieber Playstation. Die Eltern ärgern sich, wenn die Kinder widersprechen, wenn sie ungehorsam sind, wenn eine freundliche Bitte mit einem egoistischen sturen „Nein“ beantwortet wird.

Noch ärgerlicher ist es aber, wenn man ein bereitwilliges „Ja“ gehört und sich darauf verlassen hat und danach doch enttäuscht wird. Der Sohn soll vielleicht einen Brief zum Briefkasten bringen. Das „Ja“ kam sehr schnell, aber am Abend lag der Brief immer noch da. Oder viele Eltern kennen es sehr gut, dass sie ihre Kinder zweimal oder dreimal bitten und dann kommt über die wiederholten Aufforderungen ein empörtes: Ich habe doch schon „Ja“ gesagt! Mancher verspricht etwas fest und hält danach sein Versprechen doch nicht. Ein Kollege will beim Umzug helfen, doch die Kisten müssen am Ende doch allein geschleppt werden. Der Handwerker verspricht, dass er seine Arbeit macht. Aber er kommt nicht, ruft später an und sagt: es ist etwas dazwischengekommen. Oder es ist noch schlimmer, wenn wir mit einer Hilfe rechnen, danach aber hören: Oh, das habe ich vergessen.

Bei einer Hochzeit geben sich die Braut und der Bräutigam auch ein „Ja“. Ja, wir wollen miteinander leben, einander vertrauen, einander achten, einander lieb behalten, auch in schweren Zeiten. Dann kommt eine Krise. Das „Ja“ wird plötzlich vergessen, sie verstehen einander nicht mehr und sie gehen auseinander.

Die Erfahrung, die Jesus hier erzählt, ist keinem fremd. In dem gelesenen Gleichnis geht es um einen Vater, der zwei Söhne hat. Er sendet sie in seinen Weinberg, damit sie dort arbeiten. Der eine Sohn lehnt die Bitte seines Vaters ab, danach bereut er aber sein Benehmen und geht trotzdem in den Garten um zu helfen. Der andere Sohn sagt zuerst ein freudiges „Ja“, danach geht er aber doch nicht hin. In dem Gleichnis ruft Jesus seine Hörerschaft dazu auf, dass sie mitdenken und auf die Frage antworten: Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan? Aus der Vorgeschichte stellt sich heraus, dass Jesus die Antwort von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes bekommt. Die Antwort ist, dass der erste Sohn den Willen des Vaters getan hat. Beide Söhne sind ungehorsam. Aber zwischen den zwei Söhnen gibt es große Unterschiede. Einer wird trotz seines Ungehorsams den Willen seines Vaters tun, er bereut sein früheres Verhalten und versucht seine Rede wiedergutzumachen und geht in den Garten um zu arbeiten. Der andere Sohn erfüllt aber trotz seines scheinbaren Gehorsams den Willen des Vaters nicht. In dem Gleichnis will Jesus über den Ungehorsam des religiösen Israels gegen Gott reden. Jesus spricht über die frommen Pharisäer und Schriftgelehrten, die nur äußerlich Gottes Gesetze erfüllen. Die Wirklichkeit ist aber, dass sie sich hinter der Fassade in ihrem Herzen ständig gegen Gott auflehnen. Die Zöllner, die Huren leben in offenem Ungehorsam. Sie lehnen sich auch gegen Gott auf. Aber es gibt unter ihnen einige, die Buße getan und sich durch Johannes haben taufen lassen, nachdem sie Gottes rufendes Wort durch den Täufer gehört haben. Demgegenüber sehen wir aber, dass die Priester, die fromme religiöse Schicht von Israel, dessen Aufgabe es gewesen wäre, Vorbild zu sein und Wegweisung zu geben, die Aufforderung von Johannes verworfen hat. Sie hätten Gottes Propheten und sein Wort wertschätzen sollen, aber sie haben lieber heuchlerisch gelebt, wie wenn bei ihnen alles in Ordnung wäre und als wenn sie perfekt wären. Sie haben sich nicht gedemütigt, keine Buße getan und sich nicht taufen lassen. Sie blieben ungehorsam und sie haben dem Täufer Johannes ungläubig den Rücken gekehrt. Deshalb werden die Steuereintreiber und die Huren, wenn sie Buße tun, in Gottes Reich hineingehen, sie werden die religiöse Schicht von Israel überholen, während die Leiter des Volkes, die Heuchler, die Selbstgerechten außerhalb von Gottes Reich bleiben werden. Hier gilt auch Jesu Wort, dass aus den Letzten die Ersten werden und aus den Ersten die Letzten.

Immer wieder entdecken wir bei anderen und oft genug auch bei uns selbst, dass Wort und Tat nicht miteinander übereinstimmen. Solche Widersprüche erleben wir überall, in der eigenen Familie, im Freundeskreis, im Berufsleben und in der großen Politik. All das verunsichert uns. Wir fragen uns: Was ist denn nun eigentlich wahr und echt?

Jesus spricht aber nicht nur über die allgemeine Lebenserfahrung, sondern er spricht in diesem Gleichnis über Gottes Reich. Im Bild des Vaters können wir unseren himmlischen Vater entdecken. Wir selber sind auch Beteiligte des Gleichnisses, da es hier darum geht, was für eine Beziehung wir mit Gott haben. Dieses Bild vom Vater und den Söhnen und dem Weinberg, das Jesus hier gebraucht, ist wunderbar. Es ist voller Wärme und Güte. Gott ist für uns wie ein guter Vater. Bei ihm finden wir Liebe, Fürsorge und Geborgenheit. Und er, der himmlische Vater, hat ein gutes Ziel und einen guten Plan für unser Leben. Er will, dass wir seine Kinder, seine Mitarbeiter auf dieser Erde werden. Wir sind seine Bevollmächtigten, durch dich und durch mich will Gott in dieser Welt wirken. Er sendet uns in diese Welt, damit wir in seinem Weinberg, in seinem Reich mitarbeiten. Du und ich, wir können mithelfen, dass in dieser Welt andere Menschen wachsen, blühen und Frucht bringen. Und nur, wenn wir uns senden lassen, wenn wir aufstehen und uns auf den Weg machen, den Gott uns zeigt, werden wir den Segen Gottes erfahren. Gott wird uns reichlich beschenken und unser Leben und das Leben von anderen wird aufblühen. Im Gleichnis geht es um die Beziehung mit dem Vater.

 Hier ist ein Sohn, der zu seinem Vater „Ja“ sagt, danach aber doch nicht nach seinem Versprechen handelt und sich selbst ein Urteil spricht. Zuerst haben wir also einen Ja-Sager vor uns. Äußerlich scheint bei ihm alles in Ordnung zu sein. Er spricht wohlerzogen, höflich, er sagt das, was der Vater hören will. Er zeigt etwas anderes, als was die Wirklichkeit ist. Sein „Ja“ ist nur Fassade, aber in Wirklichkeit denkt er: Ich will das nicht tun. Und er geht auch nicht hin, um den Auftrag des Vaters auszuführen.

Immer wieder weist Jesus darauf hin, dass Worte allein nicht reichen. Auch fromme Worte allein genügen nicht. Man muss bei den Taten ankommen. Jesus sagt nicht zufällig in der Bergpredigt: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.“1Mt 7,21

Der Apostel Jakobus warnt die Gläubigen in seinem Brief mit diesen Worten: „Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.“2Jak 1,22 Das Wort Gottes ruft uns zur Selbstprüfung auf. Gerade dann, wenn wir schon etliche Jahre im Glauben sind, ist es wichtig, dass wir unsere Wege prüfen. Bin ich noch auf dem schmalen Weg, hat sich mein Herz nicht von Gott entfernt, während ich fromme Worte sage? Ist mein „Ja“ noch gültig, das ich bei meiner Taufe versprochen habe? Jesus will nicht nur ein Glaubensbekenntnis von unseren Lippen hören, sondern er prüft auch unsere Nachfolge. Ein Bekenntnis, ein Ja-Sagen, ist wertlos, wenn es ohne Auswirkung bleibt. Jesus urteilt scharf über die Ja-Sager, die das Tun aber hintenan stellen. „Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr.”

Es gibt aber noch einen anderen Sohn, dem der Vater denselben Auftrag gibt. Dieser Sohn ist der Nein-Sager, der zuerst nicht hingehen will. Aber er findet danach den Weg der Bekehrung und dann tut er den Willen des Vaters. In der Bibel finden wir viele Beispiele dazu, dass Menschen zuerst „Nein“ zu Gott gesagt haben. Ein „Nein“ zu dem Auftrag Gottes sagte zum Beispiel Mose. Als Gott ihn bei dem brennenden Dornenbusch beruft, dass er Israel aus Ägypten herausführt, bittet Mose Gott mit diesen Worten: „Herr, bitte schick doch einen anderen.“32 Mose 4, 13 Aber später stellte sich Mose Gott trotzdem zur Verfügung und aus seinem „Nein“ ist ein „Ja“ geworden. „Nein“ zu Gottes Auftrag sagte auch der Prophet Jona. Er floh vor Gottes Auftrag, er wollte nicht nach Ninive gehen und dort Gottes Wort predigen. Schließlich ging Jona aber hin, auch bei ihm wurde aus einem „Nein“ ein „Ja“. Jesus weist aber in der Geschichte konkret auf Zöllner und Huren hin. Aus den Evangelien wissen wir, wie Jesus die Steuereintreiber angesprochen hat. Der Zöllner Matthäus, der am Zolltisch saß, ist sofort aufgestanden, als Jesus ihn zu seinem Jünger berufen hat und ihm gesagt hat: „Folge mir nach!“4Lk 5,27 Der Zöllner Zachäus stieg auf einen Baum, nur um Jesus zu sehen. Als Jesus ihn dann besuchte, schenkte er sein halbes Vermögen den Armen und war zu jeglicher Wiedergutmachung bereit. Eine stadtbekannte Sünderin salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihren Haaren ab. Und die Frau aus Samarien mit dem lockeren Lebenswandel, der Jesus am Jakobsbrunnen begegnete, bezeugte ihren Landsleuten, dass Jesus der Messias ist.

Diese Leute haben letztendlich Jesu Einladung angenommen. Sie hörten auf den Ruf Jesu: „Das Reich Gottes ist nahe! Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“5Mk 1,15Sie wurden nicht auf ihren sündigen Lebenswandel festgelegt, sondern sie haben ihr verdorbenes Leben bereut, sie sind vor Jesu Kreuz zusammengebrochen und sind zur Bekehrung gekommen. Und danach sind sie auf Gottes Weg weitergegangen. Die Buße ist der Schlüssel zum Reich Gottes. Und es ist Gottes besondere Gnade, wenn er uns die Chance dazu gibt und wenn er uns ruft. Das anfängliche „Nein“, der gottlose Lebenswandel muss nicht das letzte Wort zu Gott sein. Gott gibt uns auch heute die Einladung in sein Reich: Kehrt um! Gott begegnet uns in Jesus Christus. Wir müssen nicht in unseren Sünden sterben. Es gibt Vergebung bei Jesus, er hat uns lieb und nimmt den bußfertigen Sünder in seinem Reich auf. Bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle. Er glaubt daran, dass Menschen sich ändern können. Lasst uns Gott nicht nur mit unseren Lippen, sondern mit unserem ganzen Lebenswandel „Ja“ sagen.

Amen.

Von: Pastor Dániel Papp

 

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