Palmsonntag

„(1) Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus (2) und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt, und gleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir! (3) Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen. (4) Das geschah aber, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht: (5) »Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.« (6) Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, (7) und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf. (8) Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. (9) Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe! (10) Und als er in Jerusalem einzog, erregte sich die ganze Stadt und fragte: Wer ist der? (11) Die Menge aber sprach: Das ist Jesus, der Prophet aus Nazareth in Galiläa.(12) Und Jesus ging in den Tempel hinein und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß die Tische der Geldwechsler um und die Stände der Taubenhändler (13) und sprach zu ihnen: Es steht geschriebe: »Mein Haus soll ein Bethaus heißen«; ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus.“ Mt 21,1-13

Liebe Geschwister,

heute ist Palmsonntag und mit diesem Tag sind wir beim ersten Tag der Passionswoche angekommen. Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag und endet mit den Osterfeiertagen. Den Sinn des Palmsonntags können wir erst dann richtig verstehen, wenn wir ihn vom Karfreitag her betrachten. Die heilige Schrift informiert uns darüber, was in dieser Woche geschehen ist.

Wenn man heute eine Gruppe von Christen trifft, wird man nicht solche Menschen sehen, die sich wie am Palmsonntag nur oberflächlich mit Christus verbunden wissen, die ihm nur aus einer Laune heraus zujubeln, sondern man wird solche Menschen sehen, die wissen, wer Jesus ist, warum er gekommen ist, und was er am Kreuz für alle Menschen getan hat. An den Palmsonntagen unserer heutigen Zeit ist Gottes Volk anders, als es die Menschenmenge damals zur Zeit Jesu war, die Hosianna geschrien hat. Wir wissen schon, dass Jesus deshalb gekommen ist, damit er sein Leben für uns gibt.

Die Leidensgeschichte Jesu ging also mit dem Palmsonntag los und sie hat im Kreuzestod geendet. Der Erlösungstod Jesu hat es möglich gemacht, dass Gott uns vergibt und dass er uns als seine Kinder annimmt. Jesus musste aber einen großen Preis dafür bezahlen, dass wir nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Damals wusste es niemand außer Jesus, wohin dieses Feiern Jesu am Palmsonntag noch führen würde. Aber Jesus kannte den Willen seines Vaters, er war gehorsam bis zum Kreuzestod. Deshalb ist er am Palmsonntag bewusst auf diesem Weg losgegangen.

Die meisten Menschen, die Jesus an diesem Sonntag gefeiert haben, haben gehofft, dass Jesus jetzt endlich seine Regierungszeit in Jerusalem beginnt. Der Messias wird jetzt das Schwert ergreifen und die Römer besiegen. Das war auch das Ziel der Zeloten, sie hofften, dass sie jetzt offen ihren Dolch hervorziehen dürfen, den sie immer in ihrer Kleidung versteckt gehalten haben, und dass endlich der Aufstand und der Freiheitskampf gegen die Römer beginnt. Sie dachten, jetzt vertreibt Jesus die Römer aus dem Land, die alte Ordnung kehrt in Jerusalems Straßen zurück. Israel wird wieder ein freies Volk. Salomos Reichtum und Herrlichkeit kehrt durch den Messias zurück. Israel wird wider stark und mächtig. Das waren die Erwartungen der Leute im Bezug auf den Messias.

Der Messias kommt aber auf einem Esel nach Jerusalem. Der Esel symbolisierte den Frieden. Christus kommt nicht auf einem weißen Pferd, so wie die großen Feldherren nach einem Sieg in Rom einmarschiert sind. Nein, sondern er wählt einen einfachen jungen Esel und er zieht damit in Jerusalem ein. Eine 500 Jahre alte Prophetie hat sich dadurch erfüllt. Wir lesen in Sacharja 9,9: „Freu dich, du Zionsstadt! Jubelt laut, ihr Bewohner Jerusalems! Seht, euer König kommt zu euch! Er bringt Gerechtigkeit, Gott steht ihm zur Seite. Demütig ist er vor seinem Gott. Er reitet auf einem Esel, auf einem starken Eselshengst.“

Der König, der Retter kommt auf einem Esel. Christus identifiziert sich damit unmissverständlich mit dem Messias. Mit diesem Einzug sagt er: Ich bin dieser König, über den Sacharja redet. Er kommt nicht auf einem Pferderücken, sondern er möchte durch den Esel seine Sanftmut betonen. Er ist der Fürst des Friedens und hier ist die Zeit und die Möglichkeit, dass es jetzt jeder erkennt, dass Christus der König ist. Früher war es so, dass Jesus seine messianische Person vor der großen Öffentlichkeit versteckt hat. Er hat den Menschen immer wieder verboten, seine Identität hinauszuposaunen. Als Jesus z.B. die Jünger gefragt hat: „Für wen halten die Leute“ mich? und als Petrus gut darauf geantwortet hat: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“, hat Jesus den Jüngern befohlen, dass sie es niemandem sagen sollen, dass er der Christus ist.

Jetzt aber ist die Zeit da, dass er sich offiziell vor ganz Israel offenbart, dass er zeigt, dass er der Heiland ist. Jesus ist der Messias, aber er ist ein anderer König, als wie es die Menschen von ihm erwartet haben. Er will nicht die Römer besiegen, er will auch nicht die Gebiete Israels zurückerobern. Er ist nicht deshalb gekommen. Jesus will Herzen für Gott gewinnen, ja Jesus will Herzen erobern. Und der einzige Weg, wie er seine Regierung in den Menschenherzen beginnen kann ist, wenn er aus Liebe sein Leben am Kreuz für die Welt hingibt.

Die Passionswoche beginnt also damit, dass Jesus als Retter, als Messias auf einem Esel in Jerusalem ankommt. Eine große Menschenmenge kommt jetzt, um Jesus zu begrüßen. Die Leute schreien Hosianna, sie legen ihre Kleider als Teppich auf die Straße, andere nehmen Palmenzweige und warten feierlich darauf, dass der Retter bei ihnen vorbeikommt. Jeder will Jesus sehen. Manche Menschen sehen in Jesus einen Wunderdoktor, andere sehen in Jesus so eine Person, die das Brotproblem löst. Und andere Menschen sehen in Jesu Person einen König, der das Volk von den Römern befreit. Sie fangen an, Jesus zu feiern: „Heil dem König, der im Auftrag des Herrn kommt!“ Jeder freut sich über Christus, jeder singt und lobt den Herrn. Sie jubeln Jesus zu. Sie lassen ihn hochleben. Jeder feiert den Messias, den er sich vorgestellt hat. Aber das ganze Hosianna ist nichts anderes als eine Massenstimmung, es ist eine vorübergehende Begeisterung. Es gibt viele, die Jesus nur beim Feiern nachfolgen, die nur kommen, um Jesus zu feiern. Sie sind nur Festtagsnachfolger, die dann bei den kleinsten Schwierigkeiten Christus den Rücken zuwenden.

Die meisten Menschen waren nur durch so einen dünnen Faden mit Jesus verbunden. In der großen Masse, wo jeder Hosianna geschrien hat, war die Nachfolge Jesu ganz einfach. Dort war es völlig risikofrei, mit Jesus zusammen zu sein. Aber wer würde schon gerne bei Jesus sein, wenn es so aussieht, als wenn er zur Verlierergruppe gehört? In der Menschenmenge am Palmsonntag konnte man sich einfach unter die Menge mischen. Dort wo jeder Halleluja sagt, ist es nicht schwierig, Gott zu loben und seinen Namen zu preisen. Aber dann, wenn es Schwierigkeiten gibt, wenn es etwas kostet, Jesu Jünger zu sein, fangen die Menschen plötzlich an, Abstand von Jesus zu halten, sie bleiben zurück und kehren ihm am Ende den Rücken zu. Und Jesus bleibt letztendlich allein mit seinem Kreuz, an das er genagelt wird und er ist einen grausamen leidvollen Tod gestorben.

Hosianna zu sagen und Jesus zu feiern ist in der Masse einfach. Das können wir aus unserer eigenen Kraft heraus. Aber für Jesus zu sterben, unser Leben für das Reich Gottes hinzugeben, das geht überhaupt nicht ohne Gottes Kraft, das geht nicht aus eigener Leistung. Es ist eine tolle Sache, mit Jesus zu gehen, wenn alle ihn loben und preisen; aber wie wenige sind es, die ihm auch im Leid treu bleiben. Jesus wusste es, dass er für die Sünden der Welt sterben muss. Er ist wegen der Sünder gekommen und er hat es von seinem Vater angenommen, dass er sein Leben als Lösegeld für viele geben wird. Aber wir begehren aus unserer menschlichen Natur heraus gegen alle Arten des Todes auf. Aber wo wir vielleicht am meisten protestieren und was wir gar nicht akzeptieren können ist, wenn unser Wille für Gottes Sache sterben muss. Es fällt uns manchmal sehr schwer, dass wir uns selbst verleugnen, damit wir Jesus so nachfolgen können, wie er es möchte. Wir können uns einfach nicht radikal von unserem egozentrischen Verhalten abwenden. Das Ich ist ein mächtiger Herrscher in unserem Leben, und wir geben es weder für Jesus noch für sein Reich auf. Die Frage ist aber an diesem Palmsonntag: wie weit bin ich bereit, Jesus nachzufolgen? Bin ich auch bereit, ein Opfer für ihn zu bringen?

Es ist in Deutschland heutzutage einfach, jeden Sonntag eine Gemeinde zu besuchen. Unser Glauben ist nicht bedroht, wir dürfen unseren Glauben frei ausüben und wir werden wegen Jesu Namen auch nicht verfolgt. Aber wie würde unser Glaube aussehen, wenn wir einen hohen Preis dafür bezahlen müssten? Wenn jeder in ein Arbeitslager transportiert werden würde, wenn er eine Bibel hat oder wenn er einen Gottesdienst besucht, also so ähnlich wie es in Nordkorea ist? Wie viele von uns würden in so einer bedrängten Situation an einem Gottesdienst teilnehmen? Die Christen in Nordkorea müssen ihr Leben Tag für Tag so für Jesus riskieren.

Jesus im Jubel nachzufolgen ist überhaupt nicht schwer, aber für Jesus alles in den Tod zu geben, was für uns irgendwann von Wert war, ist gar nicht einfach. Man muss für seinen Willen, für seine Träume und für seine Gewohnheiten sterben, und sein Leben ganz in Jesu Hand legen. Diesen Schritt können viele Menschen nicht tun. Sie können kein Opfer für Jesus bringen. Sie kämpfen vielleicht schon seit Jahren oder Jahrzehnten, aber sie können immer noch nicht frei und voller Freude sagen: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ 1Gal 2,20

Wir müssen aber auch klar sehen, dass Jesu Reiseziel am Palmsonntag der Tempel in Jerusalem war. Kaum dass Jesus in den Tempel von Jerusalem einzieht, fängt er an, alle hinauszutreiben, die die Anbetung Gottes und das Gebet im Tempel behindern.

„Jesus ging in den Tempel hinein und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß die Tische der Geldwechsler um und die Stände der Taubenhändler Und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: »Mein Haus soll ein Bethaus heißen«; ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus.“

Die Bibel sagt, dass unser Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist. Wenn jemand Jesus in sein Leben einlädt, dann ist das so, wie es am ersten Palmsonntag war, dass Jesus dort Ordnung macht. Jesus wird kommen und er wird in unserem Leben alles umkippen, was ihm nicht gefällt. So wie er die Geldwechsler aus dem Tempel vertrieben hat, greift er vielleicht auch in unseren Geldbeutel, und macht uns frei von Geiz, er kann auch in unserem Herzen den Altar des Mammons umwerfen. Es war dort im Tempel von Jerusalem nicht gerade populär, dass Jesus die Tische der Geldwechsler umgekippt hat. Viele wollten Jesus deshalb töten lassen, weil das Geld bei ihnen ein sehr empfindlicher Punkt war. Jesus hat aber nicht nur mit der Anbetung des Geldes abgerechnet, sondern er hat all das hinausgeworfen, was nicht in Gottes Tempel hineinpasste. Was dort nicht hingehörte, musste weg.

Wie würden wir, liebe Geschwister, darauf reagieren, wenn Jesus in unserem Leben auf die empfindlichen Punkte zeigen würde, vielleicht auf geheime Sünden? Würden wir begeistert mit ihm zusammen weitergehen, oder wären wir beleidigt, wenn der heilige Geist unsere Sünde aufdecken würde. Wo ist unsere Begeisterung, wenn Jesus unsere Zeit einteilen will, wenn er von uns z.B. erwartet, dass wir auf unsere Lieblingsserie verzichten, damit wir mehr Zeit fürs Gebet und Bibellesen haben? Jesus möchte vielleicht mehr in mein Leben hineinsprechen und mich mehr führen. Er will uns von unseren Gebundenheiten befreien und uns von allen Sünden rein machen. So steht es auch geschrieben: „das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“

Wenn jemand treu bei Jesus bleibt, wird er erleben, dass Jesus tatsächlich alles umstürzt und das kann sehr weh tun. Ich habe es auch erfahren, als Gott seine Hand auf mein Leben gelegt hat, da habe ich so geweint wie ein Kind. Aber er lässt uns nicht in diesem Zustand, er kippt nicht nur alles um, sondern er macht uns rein von aller Ungerechtigkeit. Es kann sein, dass das am Anfang weh tun wird, aber danach gibt er uns seinen Frieden und große Freude. Durch seine Wunden sind wir geheilt. Bist du bereit, dass Jesus an diesem heutigen Palmsonntag in dein Herz einzieht und dass er dort Ordnung macht? Wir lesen über Gottes neue Stadt, über das himmlische Jerusalem:

„Und nichts Unreines wird hineinkommen und keiner, der Greuel tut und Lüge, sondern allein, die geschrieben stehen in dem Lebensbuch des Lammes.“2Offb 21,27 Das möchte ich uns allen wünschen, die wir heute das Wort Gottes gehört haben, dass wir mit Jesus zusammen am Ziel ankommen.

Amen

 

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