Die Jahreslosung für das Jahr 2023 scheint nun endlich mal ganz nach dem Geschmack der vielen Sterne und Sternchen zu sein, die sich redlich in den Sozialen Netzwerken, wie Youtube, Instagram oder Tiktok abmühen, damit sie gesehen werden.
Da ist endlich mal einer, den sie auf jeden Fall auf ihre Liste setzen können, noch ein paar Millionen mehr und dann kann es aber los gehen mit der Influencer-Karriere.
Ein Text, wie für mich gemacht?
Dem Charakter nach, wie ich es gerade eben beschrieben habe .. eher nicht. Ich bin ja nicht mal bei Facebook. Doch, das ist kein Witz. Ich sitze den ganzen Tag am Computer und verdiene mein Geld damit, aber mit Social Media habe ich nichts am Hut und plane auch nicht etwas daran zu ändern. Das allerdings ist ein anderes Thema. Vielleicht aber hat es etwas damit zu tun, dass ich mit zu viel Aufmerksamkeit gerade nicht so gut umgehen kann.
Unsere Jahreslosung die Teil des Verses 13 aus Genesis 16 ist, sollte meiner Meinung nach nicht so allein stehen bleiben. Ich möchte diesen Vers einmal lesen.
Predigttext>Da rief Hagar aus: »Ich bin tatsächlich dem begegnet, der mich sieht!« Darum nannte sie den Herrn, der mit ihr gesprochen hatte: »Du bist der Gott, der mich sieht.« (1. Mose/Genesis 16:13 (HOF))
Normalerweise müsste ich mir jetzt den Urtext ansehen und die verschiedenen Übersetzungen miteinander vergleichen, doch habe ich nie hebräisch gelernt und den Urtext habe ich auch nicht.
Allerdings steht uns ja noch eine beträchtliche Zahl an Versen zur Verfügung, die die Aussage Hagar's erklären können. Und tatsächlich erscheint die eigentliche Geschichte Hagar's in einem völlig anderem Licht und hat mit Social Media nur nachrangig zu tun. In gewisser Weise schon, aber darum geht es mir heute gar nicht.
Um was geht es denn nun?
Grob zusammengefasst könnte man sagen; es geht um Verzweiflung, Ratlosigkeit, Ungeduld, Vertrauen, Überheblichkeit, Zweifel und eine tiefe Erkenntnis. Aber auch darum, wie besonders Gottes Wirken in unserem Leben statt finden kann.
Die Hauptakteure sind Abram, der erst später zu Abraham wurde; seine Frau Sarai (Sarah) und deren Sklavin Hagar, die aus Ägypten stammte. Die Geschichte spielt nach dem Bund Gottes mit Abram, den er zum Stammvater des Volkes Israel machte, denn in Gen. 12, 2 sagt Gott zu ihm:F
>Ich werde dich zum Stammvater eines großen Volkes machen und dir viel Gutes tun; dein Name wird überall berühmt sein. Durch dich werden auch andere Menschen am Segen teilhaben.
Abram und Sarai lebten zu der Zeit in der Nähe von Sodom, dass Gott später zusammen mit Gomorra vernichtete. Abram's Neffe Lot, lebte in Sodom und flüchtete vor dessen Vernichtung erst nach Zoar und danach in die Berge.
Beide, Abram und Sarah, hatten schon einige Jahre auf dem Buckel und waren sehr traurig darüber, dass sie keine Kinder bekommen hatten. Da sie nun schon in einem Alter waren, das Kinder ausschließt, hatten sie die Hoffnung auf eigene Kinder aufgegeben, obwohl Gott ihnen prophezeit hatten, dass ihre Nachfahren das ganze Land zwischen Ägypten und dem Euphrat besiedeln würden.
So können wir in 1. Mose/Genesis 15:3-6 (HOF) lesenF:
>Aber Abram entgegnete: »Ach, Herr, mein Gott, was willst du mir denn schon geben? Du weißt doch, dass ich keinen Sohn habe, du selbst hast mir Kinder versagt. Und ohne einen Nachkommen sind alle Geschenke wertlos. Ein Diener meines Hauses – Eliëser aus Damaskus – wird meinen ganzen Besitz erben.« 4 »Nein«, erwiderte der Herr, »nicht dein Diener, sondern dein eigener Sohn wird den ganzen Besitz übernehmen!« 5 Er führte Abram aus dem Zelt nach draußen und sagte zu ihm: »Schau dir den Himmel an, und versuche, die Sterne zu zählen! Genauso werden deine Nachkommen sein – unzählbar!« 6 Abram nahm dieses Versprechen ernst. Er setzte sein ganzes Vertrauen auf den Herrn, und so fand er Gottes Anerkennung.
Gerade Vers 6 finde ich erstaunlich. Wenn ich die Geschichte in der Bibel lese oder ihr es heute hier hört, bleibt ein wichtiger Fakt auf der Strecke, den man sich aber klar vor Augen führen muss und um das besser einordnen zu können, ist die Bibel hier auch sehr genau.
Als Gott Abram erwählte war dieser 75 Jahre alt. Als Abram tatsächlich durch Sarah einen Sohn (Isaak) bekommt und Vater wird, ist er 100 Jahre alt. Dazwischen liegen also 25 Jahre. Das bedeutet, dass Abram und Sarah schon eine enorme Geduld aufbringen mussten, um Gottes Zusage in der Realität erkennen zu können. Und Abrams Zweifel schienen nicht unbegründet.
Und das dies nicht so einfach gewesen ist, lesen wir z.B. in Gen. 18, 11ff als Sarah über Gottes wiederholte Zusage lachen muss, weil es für sie so unglaublich scheint.
Das Sarah's Geduld erschöpft war, erkennen wir spätestens an ihrem Vorschlag aus 1. Mose/Genesis 16:1-3 (HOF)F
>Abram und Sarai konnten keine Kinder bekommen, da Sarai unfruchtbar war. Eines Tages schlug sie ihrem Mann vor: »Du weißt, dass der Herr mir Kinder versagt hat. Aber nach den geltenden Gesetzen kannst du mir durch eine Sklavin Kinder schenken. Darum überlasse ich dir meine ägyptische Magd Hagar. Vielleicht werde ich durch sie doch noch Nachwuchs bekommen!« Abram war einverstanden, 3 und Sarai gab ihm die Ägypterin Hagar zur Nebenfrau, die ihr als Sklavin diente. Sie lebten zu der Zeit schon zehn Jahre im Land Kanaan.
Ich finde diese ganze Konstellation eher befremdlich. Was aber wohl nicht verwundert, da Sklaven nicht mehr zu deutschen Haushalten gehören, zumindest offiziell und Nebenfrauen schon gar nicht. Sarah aber sagt es selbst, ihr Verhalten entsprach den damaligen Gesetzen, was heute undenkbar bzw. sogar illegal wäre. Das ist meiner Meinung nach auch deshalb interessant, weil wir heute ein völlig anders Bild von Familie haben. Ich befürchte, hier müssen wir wohl andere Kriterien finden, um eine Familie beschreiben zu können. Aber auch das soll uns heute nicht weiter interessieren.
Jedenfalls, wurde Hagar tatsächlich schwanger. Hagar war nun plötzlich anders, als es ihr Status erlaubte; als das restliche Vieh. Sie hatte wie alle anderen Menschen eben auch, ein Bewusstsein, Gefühle, Wünsche und Träume und nun noch eine Stellung als Nebenfrau.
Was wir leider nicht erfahren ist, wie denn ihre Meinung zu Sarah's Idee war.
Nachdem Hagar also mehr oder weniger freiwillig schwanger von Abram wurde, fand sie sich plötzlich in einer völlig neuen Situation wieder. Sie konnte etwas für Abram tun, was seine Frau Sarah nicht konnte. Sie fühlte sich nun vielleicht ihr gegenüber im Vorteil und schaffte es vielleicht deshalb nur schlecht, dieses Überlegenheitsgefühl vor Sarah zu verbergen.
Und trotz der damaligen Gesetzmäßigkeit stelle ich mir diese Ménage à trois unglaublich schwierig vor, ein Arrangement emotional hoch geladen und jederzeit bereit in einer Katastrophe zu enden.
Und so geschieht es dann auch. Sarah bereut ihre Idee und empfindet Hagar nun als Bedrohung. Es passiert was passieren muss, Sarah beginnt Hagar zu mobben, so lange zu bedrängen, bis diese die Flucht ergreift und schwanger, Sarah und Abram verlässt.
Abram erwiderte: »Sie ist deine Sklavin. Mach mit ihr, was du für richtig hältst!« Sarai ließ daraufhin Hagar die niedrigsten Arbeiten verrichten; da lief sie davon. Gen. 16, 6
In der Bibel lesen wir im folgenden nur, dass Hagar in der Wüste ankam und zunächst eine Rast einlegt. Versetzen wir uns in ihre Lage, erkennen wir schnell, wie aussichtslos ihre Flucht war. Was sollte sie denn nun tun. Es gab ja keinen Platz, wohin sie gehen konnte. Das lag auch an dem Stigma dem sie unterworfen war - als Sklavin. Aber auch als alleinstehende schwangere Frau, war ihre Perspektive denkbar schlecht.
In ihre Verzweiflung hinein spricht nun plötzlich ein Engel Gottes und fordert sie auf zurück zu kehren und sich Sarah unter zu ordnen. Und als versprechen gibt er ihr mit, dass sie viele weitere Kinder bekommen würde. Für das Kind in ihrem Bauch hat er schon eine genaue Beschreibung, sogar einen Namen parat. Eine Verheißung, die sich später als zutreffend erweisen würde.
Das ist mal eine Kehrtwendung. Wir können uns gut dieses Gefühlschaos in Hagar vorstellen. Und dann wieder zurück zu gehen, woher sie gerade geflohen war?
Doch der Engel muss sie so angesprochen haben, dass es für sich als lohnenswerter hielt; als in eine ungewisse Zukunft zu gehen und nicht zu wissen was mit ihr und ihrem ungeboren Kind werden würde. Hagar wußte doch genau, was da auf sie zukommen würde, welchen Pries sie bezahlen müsste.
Das mag ein Grund sein, dass sie sich letztlich entschloss den Rückweg anzutreten. Ein anderer war sicher, dass der Engel genau das angesprochen hatte, was sie sich in ihrem Innersten gewünscht hatte. Wir würden heute vielleicht sagen: "ER lass ihr jeden Wunsch von den Augen ab.". Das steht so direkt nicht im Text, der Vers 13:
>Hagar rief: »Habe ich wirklich den gesehen, der mich anschaut?« Und sie gab dem HERRN, der mit ihr gesprochen hatte, den Namen »Du bist der Gott, der mich anschaut«.
Dieses Attribut: "der mich anschaut", ist aus dem Urtext so nicht direkt zu übersetzen. Würden wir uns nur auf die Worte, die im hebräischen hier stehen, verlassen, kämen wir zu keinem vernünftigen Sinn. Aber wenn wir die Verse aufmerksam gelesen haben, dann fällt auf, dass ja der Engel Gottes mit ihr gesprochen hat, folglich hat nicht Gott sie angesehen, sondern der Engel. Ich weiss, sehr spitzfindig, aber ich will darauf hinaus, dass der Text selbst hier etwas unklar bleibt. Im Bezug auf Hagar's Situation, erscheint es daher schlüssiger, dass der Engel etwas angekündigt hat, was Hagar sich vielleicht gewünscht hatte, aber nie jemanden erzählt hatte. So wird aus dem "anschauen" ein erkennen, verstehen. Das passt auch gut zu dem Namen, den der Engel Hagar für ihr ungeborenes Kind gibt. Sie soll ihren Sohn, auch das verrät er schon, Ismaël nennen. Das heißt "Gott hat gehört".
Was können wir aus dieser Geschichte mitnehmen, dass Gott uns überwacht, wie es das allgegenwärtige, beobachtende Auge, das Auge Gottes, suggeriert?
Stehen wir also unter der strengen Kontrolle Gottes, dem nichts entgeht, der jedes Wort hört, bevor wir es auch nur gedacht haben?
Das wäre wirklich ein beklemmendes Szenario und es gab und gibt Menschen, die diese Idee, der völligen Überwachung nur zu gerne aufgreifen, um andere Menschen kontrollieren zu können. Denn wenn ich dieses Gespenst nur groß genug zeichne, wird auch die Unsicherheit groß genug werden, um diese nutzen zu können, eigene Interessen suggestiv zu platzieren.
Das alles kann ich aber aus diesem Text nicht heraus lesen. Im Gegenteil, ich lese hier von einem verständnisvollen, nachsichtigen, wenn auch bestimmten Gott, der keinen Zweifel daran lässt, dass er genau verstanden hat, worin Hagar's Traum besteht, aber viel besser als sie selbst erkennt, wie sie diesen Traum erreichen würde. Hagar's Geschichte, die nun so klingt als wäre es nur ihre, ist fest verwoben mit dem Schicksal von Abram und Sarah.
Hätte sich Hagar auch anders entscheiden können?
Das hätte sie - und Gott wäre trotzdem mit ihr gegangen. Aber es gab für sie vermutlich keinen Zweifel daran, dass der Plan, den der Engel Gottes ihr offenbart hatte, der richtige für sie sein würde.
Und hier sind wir plötzlich bei der Jahreslosungen, die ja oft treffsicher die Wunden in unserem Leben berühren. Und vielleicht finden wir in dieser Erkenntnis, dass Gottes Plan kein Fünfjahrplan ist, der auf Biegen und Brechen erfüllt werden muss und zur Not zurechtgelogen wird, dass die Balken sich biegen, genug Vertrauen; weil Gott uns bei aller Hoffnung darauf, dass wir trotz unserer Zweifel IHM folgen, dennoch die Entscheidung lässt.
Und weil Gott uns schon vor langer Zeit erkannt hat, brauchen wir uns nur noch die Gewissheit in Erinnerung rufen, dass da einer ist, der uns in- und auswendig kennt, ja fast schon besser als wir uns selbst; und dennoch an uns festhält. So sind wir in Gottes Blick geraten und er hat sich nicht angewidert abgewandt sondern uns auf verblüffende Art und Weise seine Liebe gezeigt.
Wie gehen wir damit um, versuchen wir uns wie Adam und Eva vor SEINEM Blick zu verstecken oder erkennen wir die riesige Chance, mit Gott an unseren Träumen zu arbeiten, uns mit ihm gemeinsam auf den Weg zu machen, um unsere Träume Wirklichkeit werden zu lassen?
Klar ist dieser Weg nicht immer gerade und frei von Schlaglöchern, Unwägbarkeiten und Ablenkungen, grad wie das Lied es beschreibt. Dass war auch bei Hagar nicht anders, wie wir in einem anderen Kapitel lesen können. Dennoch hat sie sich immer an Gott gehalten und er hat ihr aufgeholfen, da wo es notwendig war. Sie auch korrigiert und ihr die Richtige, wenn auch unbequemere Richtung gezeigt.
Der Gott der dich sieht, ist der gleiche der erkannt hat wie du tickst, wonach du dich sehnst. Er kennt deine Träume und deine Wünsche. Doch anders als du selbst, schaut er weiter, als deine Begierden, Ecken und Kanten es uns erlauben würden; sieht er über dein profanes Verlangen hinaus, denn er erkennt dich in deinem Wesen, durchbricht dabei die weltliche Schale, die von deiner Verletzlichkeit ablenken will. Und das bedeutet, dass du IHM nur mit Vertrauen begegnen kannst, so wie es Hagar tat. Dann brauchst du auch nicht groß nachdenken, sonders kannst dich aufmachen, auf deinen Weg mit IHM. Mit dem Gott, der seinen einzigen Sohn hergegeben hat, damit du als gerecht vor IHM bestehen kannst.
Amen